bzw. vom Mißverständnis der VDH-Ahnentafel

Als Züchterin und vormals mobile Hundefriseurin bin ich viel herum gekommen und führe nach wie vor sehr interessante Gespräche mit den unterschiedlichsten Personen. Mir ist immer wieder ein ganz besonderes Mißverständnis aufgefallen: “Preis der Ahnentafel” nenne ich es mal; zu dem ich gern Stellung nehmen würde, weil hier wohl noch meines Erachtens dringenst Aufklärungsbedarf besteht.

Viele - vor allem noch recht hundeunerfahrene Menschen - wundern sich, warum im Internet oder auch in Zeitungen z.B. Cockerwelpen für ca. 300 € - 400 € angeboten werden, während ein VDH-Züchter ca. 800 - 1200 € verlangt. Oder warum man bei einigen “Züchtern” wählen kann zwischen einem Welpen für z.B. 1000 € mit und 500 € ohne Papiere. (Was bei einem seriösen VDH-Züchter, der alle Welpen melden muss!!! gar nicht möglich ist.) Oder warum man bei manchen Hundehändlern ja doch Rassewelpen von Züchtern - halt für weniger - kaufen kann. (Wobei kein VDH-Züchter einen Welpen oder gar kompletten Wurf an einen Händler verkaufen darf!!). Oder warum noch kupierte (gekürzte Rute) Cocker verkauft werden (obwohl das Kupieren in Deutschland seit 1998 - es sei denn er wird per Jagdschein auch jagdlich geführt, verboten ist).

Natürlich kommen somit viele Hundeinteressierte zu dem Schluss: Beim Züchter muss ich ggf. viel zu lange auf einen Welpen warten und zahle eigentlich nur viel mehr Geld für ein zusätzliches Stück Papier! Und da ich ja nur einen lieben, süßen Hund suche, brauche ich das nicht. Letztlich wird dann für kleineres Geld  kurzfristig ein (oftmals kranker oder verhaltensgestörter) Hund bei einem Händler, Vermehrer oder sogar aus dem Kofferraum eines Autos auf dem Autobahnrastplatz gekauft. Wobei ACHTUNG: besonders skrupellose Händler es auch verstehen, sich als liebevolle “Privatzüchter” zu tarnen.

Genau hier möchte ich ansetzen und rate dazu, die VDH-Ahnentafel doch mal als eine Art Qualitätsmanagement zu sehen.
Die Ahnentafel sollte aber auf jeden Fall das Logo des VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) und der F.C.I. (Fédération Cynologique Internationale) aufweisen. Denn diese Ahnentafeln (keine Register-Papiere) werden nur für Welpen ausgestellt, die unter entsprechender Einhaltung der Zuchtbestimmungen (z.B. Mindestalter der Elterntiere, Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte, Häufigkeit der Belegung) des jeweiligen Vereines (der dem VDH angehören muss) gezüchtet wurden. Natürlich bemüht sich ein verantwortungsvoller Züchter nicht nur darum, knapp die Zuchtbestimmungen und Auflagen zu erfüllen! Daher möchte ich mal in etwa auflisten, was bei uns ganz persönlich so angefallen ist:

- Auswahl und Erwerb einer geeigneten Zuchthündin
- beste, liebevolle, fürsorgliche Aufzucht im Hause inmitten unserer Familie
  (inkl. regelmäßige Impfungen, regelmäßiges Entwurmen, hochwertiges Futter)
- Hundeschule
- Ringtraining
- Mitgliedschaft in  VDH angeschlossenen Verein(en)
- Besuch diverser Züchterseminare, Fortbildungen
- Umbaumaßnahmen / stetige Renovierungsarbeiten
  (Welpengeburts- und -spielraum, Wohnzimmerauslauf, Welpenhäusle nebst Auslauf, etc.)
- Besichtigung unserer Gegebenheiten durch den Zuchtwart sowie
  Beantragung/Schutz eines Zwingernamens
- Besuch von mehreren Ausstellungen
  (u.a. zur Feststellung der Zuchttauglichkeit und Begutachtung von pot. Deckrüden)
- HD-Röntgen, jährliche Augenuntersuchung durch DOK-Tierarzt sowie div. DNA-Tests (prcdPRA, FN)
- Auswahl eines passenden Deckrüden / Deckgebühr (erhebliche Kosten).
  (Nebst mehrfacher Fahrt- bzw. Reisekosten, da tolle Rüden meist ziemlich weit weg leben und man ihn
  ggf. schon im Vorfeld  auch “privat” besucht, um ihn im eigenen Heim kennen zu lernen)
- Vor/Nach dem Deckackt natürlich noch weitere Untersuchungen
  (z.B. Abstrich) und spezielle Impfungen (z.B. Herpes) durch den Tierarzt
- Ultraschall-Untersuchung, ggf. noch Röntgen und spezielle Medikamente während der Trächtigkeit
- Spezialfutter und Welpenmilch für trächtige Hündinnen, Wurfutensilien
  (Wurfbox, Medikamente, Einlagen, etc.)
- Hausbesuche des Tierarztes nach der Geburt (Reinigungsspritze) sowie Begutachtung der Welpen
- 24 Std. Betreuung und Aufzucht der Welpen im Hause bis zur Abgabe
- “Werbungskosten” (Anzeigenschaltung, Telefonkosten für die langen Beratungsgespräche mit
  Interessenten sowie Erstellung einer Internet-Präsenz und Emails, um die neuen Familien stets auch mit
  Fotos auf dem Laufenden zu halten
- Bewirtungskosten, weil wir gern gemütlich & ausgiebig bei Kaffee, Kuchen und Plätzchen unsere
  Welpenfamilien kennen lernen  ;-)
- hochwertigstes Welpenfutter & Zusätze, Spielzeuge und Spielgeräte, Hundezelte, Bällebad, Drybeds,,
  Mitgebsel: wie Pflegegrundaustattung, Schmusedecken, Halsband & Leine, Cockernapf, etc.
- regelmäßiges Entwurmen sowie Impfen und Chippen (per Tierarzt-Hausbesuch) der Welpen
- Wurfabnahme durch den Zuchtwart
- Beantragung der Ahnentafeln beim Verein
- Erstellung und Vervielfältigung einer stets informativen und individuellen Wurf-Welpenfibel nebst
  Welpenfibel-DVD, sowie Erstellung einer individuellen Wurf-DVD

Diese Auflistung ist extra etwas “klinisch und knapp” verfasst, denn die Unmengen an Liebe und Zeit, Sorgen und Nöten einer liebevollen Züchterfamilie, die bereits bei der Planung des Wurfes beginnen, der Schlafmangel, die Bemühungen passende neue Heime für die Kleinen auszusuchen und für die beste Prägung und Sozialisierung und Vorbereitung auf die neuen Heime sind einfach unbezahlbar. Natürlich steht ein guter Züchter schon weit vor Geburt der Welpen und auch nach deren Abholung - oder gerade ab da - beratend und hilfreich zur Seite. Er wird jeden Interessenten freundlich auf die Besonderheiten seiner Rasse und die allg. Konsequenzen der Hundeanschaffung hinweisen; viele Züchter bieten auch kostenloses Trimmen im 1. Lebensjahr an und besuchen ihre “Babies” im neuen Heim.

Und auch, wenn ich jetzt nicht extra die einzelnen Kosten aufgeführt habe, wird doch ganz schnell klar, dass es schier unmöglich ist, einen Welpen für ca. 400 € abzugeben. Es sei denn, man “spart” irgendwo! Doch wo würden Sie sich “wünschen”, dass bei den Eltern, deren Gesundheit, der Deckplanung, Geburt, Aufzucht und Gesundheit Ihres Welpen gespart wird?

Man sollte sich auch vor Augen führen, dass alle VDH-Züchter sich aus freien Stücken dazu entschließen, sich den z.T. strengen Zuchtbestimmungen zu unterwerfen. Einfach, weil ihnen die Verantwortung, die mit ihrer Liebhaberzucht einher geht, bewusst ist.

Daher haben Sie unbedingt etwas Geduld beim Hundekauf; schauen Sie sich genau bei mehreren Welpenanbietern um, fragen Sie nach den Elterntieren, der Zuchttauglichkeit, den Ahnentafeln,  etc. Kaufen Sie in Ihrem und im Interesse des Hundes selbst nicht aus Mitleid auf einem Bauernhof oder bei einem Händler / Vermehrer, wo die Welpen verschiedenster Rassen ab der ca. 4. Lebenswoche (ohne Mutter, da womöglich importiert) in kleinen mit Stroh ausgelegten, gemauerten Boxen leben müssen. Für jeden verkauften Welpen kommen zwei Neue! Die Medien berichten mittlerweile häufig genug von den skrupellosen Machenschaften einiger Hundehändler.

Vielleicht können Sie jetzt eher nachvollziehen, warum eine VDH-Ahnentafel doch ein Stück weit ein “Zertifikat” ist und kein unnötiges Stück Papier.

© Nicole Rhein 2006 - 2015 (4. Auflage vom 05.02.14))

Verband für das Deutsche Hundewesen

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